
Heimische Reisebranche richtet Appell an Bund und Land - Die
regionale Reisebranche schlägt Alarm: Hunderte Arbeitsplätze alleine in
den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe sind gefährdet. Die
Reiseunternehmen benötigten dringend und unbürokratisch
Liquiditätshilfen, um nicht in Existenzgefahr zu geraten. Die
vorherrschenden Reisebeschränkungen führten dazu, dass die Reisebüros
und Reiseveranstalter ihre Dienstleistungen nicht erbringen können. Die
Einnahmen blieben aus, erklärt Manuela Badziong, Inhaberin des TUI
ReiseCenters Siegen Unterstadt. „Trotz laufender Kosten müssen wir die
bereits erarbeiteten Provisionen für die abgesagten Reisen
zurückzahlen.“ Das TUI ReiseCenter Siegen Unterstadt ist eines von 30
Unternehmen des hiesigen Reisehandelsgewerbes, die sich in einem
dringenden Appell an die heimischen Abgeordneten in Berlin und
Düsseldorf gewandt haben, um die dramatischen Corona-Auswirkungen
deutlich zu machen.
Die Aussichten auf die bevorstehende Urlaubssaison sind
schlecht. Erst vor wenigen Tagen hatte Bundesaußenminister Heiko Maas
öffentlich klargestellt, dass es einen „normalen Urlaub“ nicht geben
werde. Er dämpfte Erwartungen an eine baldige Öffnung von europäischen
Reisezielen. Einen Anlass, die Reisewarnungen zu lockern und
internationale Urlaube wieder zu ermöglichen, sieht die Bundesregierung
demnach aktuell nicht. Das führe viele Unternehmen der Branche in eine
drastische Klemme, beschreibt Andreas Theis, Inhaber der IDEAL REISEN
GmbH in Siegen. „Zum einen haben wir in erheblichem Umfang Zahlungen an
Leistungsträger, etwa Fluggesellschaften, Agenturen oder Konzert- und
Theaterhäuser, geleistet, die uns voraussichtlich allenfalls
gutgeschrieben werden. Zum anderen sind wir bei Stornierungen gesetzlich
verpflichtet, Zahlungen vollständig an die Kunden zurückzugeben.“
Unklar ist überdies, ob und wie die bezahlten Leistungsträger
selbst die Krise überstehen. Nico Ginsberg, Geschäftsführer der Ruck
Zuck Urlaub GbR in Freudenberg: „Wir gehen davon aus, dass es auch hier
vermehrt zu Insolvenzen kommen wird. Dies würde für viele Reisebüros und
Reiseveranstalter in kürzester Zeit das Aus bedeuten. Immerhin mussten
bundesweit bereits mehr als 1.500 Unternehmen in der Touristik Insolvenz
anmelden.“ Die bisherigen Bundes- und Landesmittel reichten nicht aus.
Bei den 120 Unternehmen der Reisebranche in Siegen-Wittgenstein
und Olpe handelt es sich in der Regel um Klein- und Kleinstunternehmen.
Finanzielle Rücklagen seien hier meist nicht vorhanden, ergänzt
IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer. „Viele dieser Betriebe stehen
ganz schnell mit dem Rücken zur Wand und kämpfen schon in kürzester Zeit
um das nackte Überleben. Bei der Bereitstellung von Liquidität ist
daher besondere Eile geboten.“ Die IHK stehe hierzu in engem Austausch
mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der sich auf
Bundes- und EU-Ebene etwa nachdrücklich für eine Gutschein-Lösung für
die Reisebranche eingesetzt habe. Überall im Land seien geplante Reisen
und Übernachtungen storniert worden. Die Kunden verlangten ihr Geld
zurück und seien zurückhaltend mit neuen Buchungen. „Eine solche
verpflichtende Gutscheinlösung nach dem Muster anderer
EU-Mitgliedsstaaten wie Frankreich oder den Niederlanden könnte den
Mittelabfluss eindämmen und Liquidität sichern. Allerdings gibt es hier
noch einige juristische Hürden“, betont Langer.
Die heimischen Reiseunternehmen bedauern, dass ihre Anliegen
bislang kaum Eingang in die politische Debatte gefunden hätten. Hoffnung
machten indes erste positive Rückmeldungen aus der Politik. Dankbar
zeigen sich betroffene Unternehmen bei Nezahat Baradari MdB, die schnell
geantwortet und auf notwendige weitere Schritte des
Bundesjustizministeriums und der EU-Kommission für eine Gutscheinlösung
hingewiesen habe. Begrüßt wurde auch die umgehende Reaktion von Volkmar
Klein MdB, der angekündigt habe, im Rahmen einer Branchenkonferenz mit
den Unternehmen Kontakt aufzunehmen. „Diese Rückmeldungen zeigen uns,
dass wir bei diesen politischen Vertretern nicht nur auf Verständnis
gestoßen sind, sondern dass der Ernst unserer Lage erfasst wurde und
unser Anliegen in die Beratungen aufgenommen wird“, freut sich Nico
Ginsberg. Allerdings: Die Zeit drängt.
Industrie- und Handelskammer Siegen
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