Mang: „Geschäfte, Gaststätten, Kitas, Schulen sollten schrittweise
schnellstmöglich öffnen, sobald Infektionsschutz es erlaubt“. Die
hessische Wirtschaft hofft auf eine schrittweise Öffnung von Geschäften
und Gaststätten sowie von Kindertagesstätten und Schulen, sobald der
Infektionsschutz dies erlaubt, da die Ausbreitung des Coronavirus
wirksam verlangsamt wird. Dazu, wie dann die Lockerungen erfolgen
könnten, hat die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU)
einen 4-Phasen-Plan vorgelegt, der gestern vom VhU-Präsidium beschlossen
wurde. - „Die Lockerungen sollten in mehreren Phasen erfolgen, sich
weitgehend an den jeweils geltenden Vorschriften zur Einschränkung von
Kontakten in der Öffentlichkeit orientieren und den Schutz von Älteren
und Vorerkrankten besonders im Blick haben“, sagte VhU-Präsident Wolf
Matthias Mang. Die Dauer einzelner Phasen sei nicht vorab definierbar.
Sie könne Wochen oder Monate betragen.
Mang dankte der Landesregierung sowie den Beschäftigten in den
Verwaltungen für den „entschlossenen Einsatz und klugen Pragmatismus“ in
der Reaktion auf die Pandemie. Er bekräftigte, dass die hessische
Wirtschaft die Maßnahmen zur Reduktion sozialer Kontakte in räumlicher
Nähe sowie die Beschränkungen und Verbote wirtschaftlicher Tätigkeiten
unterstütze, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. „Wir tragen
das mit, obwohl der harte Kurs für viele Unternehmen extrem negative
Konsequenzen hat. Schon jetzt ist klar, dass die Wirtschaftsleistung in
Deutschland in 2020 um mehr als 5 Prozent oder 175 Mrd. Euro sinken
wird. Wir müssen diesen schmerzhaften Weg gehen – in der Hoffnung, dass
‚die Medizin wirkt‘ und umso schneller Lockerungen erwogen und
vorbereitet werden können.“ Die VhU fordere ausdrücklich keine
vorzeitigen Lockerungen, etwa während der Osterferien.
Mang betonte, in der aktuellen Lage bleibe es wichtig, einen
teilweisen industriellen oder gar gesamtwirtschaftlichen „Shutdown“
strikt zu verhindern, wie er mancherorts diskutiert oder in manchen
Staaten praktiziert wird: „Die industriellen Lieferketten müssen
erhalten werden!“
Die VhU hofft, dass beginnend ab Montag, 20. April 2020, eine
schrittweise Rücknahme der Beschränkungen und Verbote wirtschaftlicher
Tätigkeiten sowie eine Öffnung von Kindertagesstätten und Schulen,
zumindest der Berufsschulen, verantwortbar wären und dann umgesetzt
würden – soweit es die Erfordernisse des Infektionsschutzes erlauben.
Ansonsten sollten die wirtschaftlichen Tätigkeiten schnellstmöglich
später wieder schrittweise zugelassen werden, um wirtschaftliche Schäden
zu begrenzen, erläuterte Mang.
Phase 1
In der ersten Phase der Lockerungen sollten laut VhU alle
Geschäfte und Dienstleistungen ihre Räume wieder öffnen dürfen, wo eine
Begrenzung der Anzahl der Kunden sowie der Abstand von Personen
gewährleistet werden könnten. Beispiele seien Verkaufsstellen von
Fahrrädern und Autos, Buchläden, Kleidungs- und Schuhgeschäfte, Möbel-
und Einrichtungsgeschäfte oder Elektrofachgeschäfte. Dabei sollte sich
die Limitierung der Personenzahl in Räumen bzw. pro Fläche daran
orientieren, was derzeit für Bäckereien und Supermärkte gelte.
Restaurants und Cafés könnten laut VhU beispielsweise unter der
Auflage wieder öffnen, dass sie ihre Innenräume bzw. Außenflächen so
umgestalten und die Anzahl der Tische so begrenzen, dass zwischen
Gruppen von Gästen ein großer Abstand gewährleistet sei. Auch eine
Begrenzung der Anzahl der Stühle je Tisch erscheine angemessen,
beispielsweise auf zwei Stühle je Tisch bzw. mehr für Mitglieder
desselben Haushalts. Falls erforderlich, könnte die Landesregierung die
Öffnungszeiten von Gastronomiebetrieben abends begrenzen.
Die Landesregierung sollte prüfen, ob eine Öffnung der
Kindertagesstätten und Schulen nach den Osterferien möglich sei.
Zumindest sollten die Berufsschulen öffnen, da die Berufsschüler ohnehin
die Betriebe aufsuchen dürften, um ihre Ausbildung fortzusetzen. Mang:
„Ein zeitliches Verschieben von Bildungspartizipation wäre ein Nachteil
für unsere jungen Menschen. Deshalb war es richtig, die Abiturprüfungen
fortzusetzen.“ Die Wiederaufnahme des Schulbetriebs und der
Kinderbetreuung sei auch bedeutsam, weil nur so Eltern mit der
notwendigen Aufmerksamkeit ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen könnten.
Phase 2
In einer zweiten Phase, wenn die Landesregierung die
Kontaktbegrenzung im öffentlichen Raum von derzeit maximal zwei Personen
lockere, z. B. auf fünf Personen, sollten weitere wirtschaftliche
Tätigkeiten zugelassen werden, in denen Ansammlungen von mehr als zwei
Personen üblich seien, bei denen aber noch eine Begrenzung der Kontakte
gut möglich ist.
Ausgewählte Dienstleistungen wie Friseure, die auch körperliche
Berührungen beinhalten, sollten wieder zugelassen werden, wenn die
Dienstleister sich und die Kunden ausreichend schützen.
Übernachtungsangebote zu touristischen und privaten Zwecken sollten
wieder erlaubt werden, aber nur für Individualtouristen oder kleine
Gruppen.
Die Angebote an öffentlichen Bus- und Bahnverkehren sollten schnell
erhöht werden, um nach und nach den Berufspendlern, die derzeit im
Homeoffice arbeiten, den Weg zur Arbeitsstätte im ÖPNV wieder zumuten zu
können. Durch eine möglichst hohe Taktung sollte die Zahl der Personen
im jeweiligen Bus oder Zugwaggon reduziert gehalten werden. Die
öffentliche Verwaltung sei ebenfalls zügig wieder zu öffnen, auch für
den Besucherverkehr. Allgemeine Einreisebeschränkungen nach Deutschland
sollten aufgehoben werden, sofern dem der Infektionsschutz nicht
entgegenstehe. Ausnahmen im Luftverkehr seien nötig.
Phase 3
Eine dritte Phase könne beginnen, wenn die staatlich
angeordnete Begrenzung von Kontakten im öffentlichen Raum aufgehoben
würde. Voraussichtlich werde es aber weiter eine Empfehlung zur
Vermeidung räumlicher Nähe mit Älteren und Vorerkrankten geben. In
dieser dritten Phase sollten zusätzliche wirtschaftliche und kulturelle
Einrichtungen für Freizeitaktivitäten zugelassen werden, bei denen
Berührungen von Personen zwar nicht die Regel seien, aber auch nicht
ausgeschlossen werden können.
Es sollte keine Mobilitätsbeschränkungen mehr geben, die Grenzen
sollten wieder geöffnet werden. Übernachtungsangebote zu touristischen
und privaten Zwecken sollten unbeschränkt erlaubt werden.
Reisebusverkehre und Schiffsausflüge sollten wieder zulässig sein.
Phase 4
Erst in einer späteren Phase, wenn der Infektionsschutz
weitgehende Normalität wieder zulasse, sollten alle wirtschaftlichen
Tätigkeiten wieder erlaubt werden, in denen menschliche Nähe bis hin zu
Berührungen normal ist. Dazu gehörten etwa Tanzveranstaltungen,
Diskotheken, Bars, Kneipen, Freizeitparks und Jahrmärkte sowie
kulturelle Einrichtungen mit enger Bestuhlung wie Kinos, Theater,
Freilichttheater, Schauspiel- und Konzerthäuser.
Das VhU-Positionspapier zur schrittweisen Zulassung wirtschaftlicher Tätigkeiten finden Sie hier:
https://www.vhu.de/newsroom/meldungen/details/tx_news/corona-krise-4-phasen-plan-der-hessischen-wirtschaft.html
Geschäftsführer Kommunikation und Presse, Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V. (VhU)