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Donnerstag, 4. April 2019
Danke Herr Spahn, wir brauchen nicht noch mehr Staatsmedizin.
Die hessischen Unternehmerverbände üben Kritik am Generalangriff von Gesundheitsminister Spahn auf die Beitragszahler mit dem "Faire-Kassenwahl-Gesetz" - Pollert: "Unabhängige Stimme der Beitragszahler im Gesundheitswesen nicht mundtot machen. - Wo viel Geld ist, da gibt es auch viele Interessen. Deshalb ist die unabhängige Stellung der Beitragszahler in der Gesetzlichen Krankenversicherung ein wertvolles Gut in einem Gesundheitsmarkt mit einem bundesweiten Gesamtvolumen von 400 Mrd. Euro, wovon 230 Mrd. durch die Krankenkassen bewegt werden. Denn Versicherte und Arbeitgeber haben als Beitragszahler ein hohes Interesse an einer guten Versorgung und einem wirtschaftlichen Mitteleinsatz. In ihre Arbeit fließt das Wissen aus der Praxis ein. Mit dem von Gesundheitsminister Spahn geplanten Generalangriff auf die Beitragszahler würde die gesetzliche Krankenversicherung Unabhängigkeit verlieren und noch stärker unter den Zugriff der Politik geraten...
Denn im Verwaltungsrat des Spitzenverbands der Krankenkassen und damit an einer entscheidenden Stelle im Gesundheitssystem würde ein unabhängiges Gegengewicht fehlen. Die hessische Wirtschaft weist Spahn's Vorstoß deshalb entschieden zurück. Die unabhängige Stimme der Beitragszahler darf nicht zugunsten von mehr Staatsmedizin mundtot gemacht werden“, erklärte Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände.
Ziel des "Faire-Kassenwahl-Gesetz" ist laut Spahn's Ministerium "die vollständige Wahlfreiheit für alle Mitglieder" der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). "Es ist nur schwer zu vermitteln, warum einem gesetzlich Versicherten attraktive Zusatzleistungen, bestimmte Wahltarife oder günstigere Beiträge verwehrt werden, weil er scheinbar am falschen Ort wohnt", schrieb Spahn in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt" vom Montag. Spahn's Gesetz sieht ferner vor, den sogenannten Risikostrukturausgleich (RSA) umzugestalten. Dabei handelt es sich um einen Finanzausgleich unter den Kassen. Er soll dafür sorgen, dass diese keine Nachteile haben, wenn sie etwa viele Ältere mit diversen Gebrechen und damit einhergehenden hohen Behandlungskosten versichern. Bislang werden in den RSA nur 50 bis 80 Krankheiten einbezogen. Künftig soll das sogenannte Vollmodell gelten, das das gesamte Krankheitsspektrum berücksichtigt. Ausserdem soll der RSA um eine Regionalkomponente ergänzt werden. Diese soll zum Beispiel abbilden, dass in einer Region besonders viele Pflegebedürftige leben.
Mit der Einführung von Vorsorgepauschalen im RSA will Spahn die Kassen zwingen, ihre Versicherten zur Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen zu animieren. Ausserdem soll die Einführung eines "Risikopools" die Kassen bei der Finanzierung besonders hoher Ausgaben für einzelne Patienten unterstützen.
Neu wird auch Haftung der Kassen sein. Bisher müssen vor allem die Konkurrenten der gleichen Kassenart, etwa Ersatzkassen, gerade stehen, wenn eine von ihnen pleite geht oder dicht gemacht wird. Künftig soll der GKV-Spitzenverband die entstehenden Kosten übernehmen und sich das Geld bei allen Krankenkassen gleichermassen wieder holen. Und es sollen neue Vorgaben für Werbung eingeführt werden - verstösst eine Kasse dagegen, sollen andere sie leichter als bisher verklagen können. Der GKV-Spitzenverband soll umorganisiert werden und eine Frauenquote bekommen.
Nach diesem beabsichtigten Tabubruch der Beseitigung der Selbstverwaltung im Verwaltungsrat stünde zu befürchten, dass die Rechte der Beitragszahler auch auf der Ebene der Krankenkassen und bei anderen Sozialversicherungsträgern weiter beschnitten oder beseitigt wird. „Auf lange Sicht würde das Kaltstellen der Beitragszahler mit einer schlechteren Gesundheitsversorgung und höheren Preisen bezahlt werden. Denn die soziale Selbstverwaltung der Beitragszahler unterliegt nicht den Zwängen des politischen Tagesgeschäfts und der Versuchung, durch populäre Ankündigungen kurzfristig Sympathien zu gewinnen, ohne für die langfristigen Wirkungen Verantwortung übernehmen zu müssen“, sagte Pollert.
Die Beitragszahler wachten nicht nur über eine sinnvolle und wirtschaftliche Verwendung der Beitragsgelder, sondern auch darüber, dass Politik und Gesetzgeber Beiträge nicht zweckentfremden. „Das Bundesverfassungsgericht sagt, dass Beitragsgelder zu anderen Zwecken als der Finanzierung des jeweiligen Sozialversicherungsträgers nicht zur Verfügung stehen und damit vor dem Zugriff des Staates verfassungsrechtlich geschützt sind. Trotzdem gibt es immer wieder Übergriffe auch des Bundesgesetzgebers, zuletzt mit der Abzweigung von jährlich 32 Mio. Euro Beitragsgelder der Krankenversicherung für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Hiergegen wehren sich die Beitragszahler im Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbands politisch und juristisch. Die Stimme der Beitragszahler als ein unbequemer Mahner der Bundespolitik ist auch an dieser Stelle unverzichtbar“, so Pollert.
Hintergrund
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) unterstützt die Krankenkassen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und Wahrnehmung ihrer Interessen. Nach dem Referentenentwurf eines "Faire-Kassenwahl-Gesetzes" soll der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes zukünftig statt mit Vertretern der Beitragszahler mit hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern der Krankenkassen besetzt werden (§ 173 SGB V neu).
Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V. (VhU)
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