
Normalisierung erwartet - Konjunkturbericht Herbst 2019 der IHK
Südthüringen für das Land Thüringen - Die Geschäfte laufen für die
Mehrheit der Thüringer Unternehmen nach wie vor gut. Zwar liegen die
Spitzenwerte von Umsatz und Auslastung bereits ein Jahr zurück. Trotzdem
stellt sich die Wirtschaft in weiten Teilen noch kraftvoll dar. Die
Geschäftserwartungen vieler Betriebe greifen jedoch Risiken wie die
internationalen Handelskonflikte und die Transformation im
Automobilbereich auf. Daher könnte 2020 ein Jahr mit etwas geringerer
Schlagzahl werden. Diese Ergebnisse liefert die Konjunkturumfrage
Herbst, die die Industrie und Handelskammer Südthüringen (IHK) nun für
Thüringen ausgewertet hat.
Die Geschäftslage bewerten derzeit 47 Prozent der Unternehmen als gut
und 39 Prozent als saisonüblich bzw. befriedigend. Grund für die
Bewertung ist die nach wie vor hervorragende Ertragslage: 50 Prozent der
Unternehmen erzielen derzeit Gewinne, weitere 39 Prozent machen
ausgeglichene Geschäfte. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die
Ertragslage für 22 Prozent der Unternehmen verbessert, für weitere 52
Prozent blieb sie unverändert.
Für die kommenden Monate gehen 13
Prozent der Unternehmen von besseren Geschäften aus, 62 Prozent erwarten
keine Veränderung. Der Konjunkturklimaindikator, den die IHK
Südthüringen als geometrischen Mittelwert aus den Lage- und
Erwartungseinschätzungen der Unternehmen errechnet, erreicht 108,0 von
200 möglichen Punkten. Gegenüber dem Frühsommer geht der Indikator um 9
Punkte zurück.
„Der Konjunkturklimaindikator zeigt die
Richtung der Wirtschaftsentwicklung in Thüringen an. Dreimal in Folge
ist unser Indikator jetzt zurückgegangen, vor allem, weil sich die
Geschäftserwartungen der Unternehmen verschlechtert haben. Wir gehen
daher von einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums aus. Gleichzeitig
erreicht der Indikator mit 108,0 Punkten mehr als die Hälfte der
möglichen Punkte. Das zeigt, dass es den Unternehmen mehrheitlich gut
geht. Wir werten dies als Normalisierung nach den phantastischen
Wirtschaftszahlen in den Jahren 2017 und 2018“, erklärt Jan Scheftlein,
stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.
Verringert sich die Schlagzahl tatsächlich, wird es in vielen
Unternehmen Aktivitäten geben, die die Wettbewerbsbedingungen
verbessern. So planen 79 Prozent Investitionen. Hauptzielsetzung sind
mit einem Anteil von 59 Prozent Modernisierungsmaßnahmen und
Ersatzinvestitionen. 25 Prozent der Unternehmen planen zudem Ausgaben
für neue Produkte, Dienstleistungen und Verfahren. Mit diesen Maßnahmen
kann die Thüringer Wirtschaft im nächsten Aufschwung Marktanteile
gewinnen.
Etwas zurückhaltender fallen hingegen die
Beschäftigungserwartungen aus. 11 Prozent der Unternehmen rechnen mit
einem steigenden Personalbestand, 16 Prozent erwarten, dass sich die
Zahl ihrer Mitarbeiter reduziert. Dies ist einerseits Folge des
wachsenden Wettbewerbs um Fachkräfte. Andererseits müssen in einer
Konjunkturabschwächung alle Kosten auf den Prüfstand. Berufe, in denen
es keine Stellenbesetzungsschwierigkeiten gibt, laden zur Optimierung
ein. Außerdem sinkt der Bedarf an Zeitarbeitnehmern, wenn es weniger
Produktionsspitzen gibt.
Blick in die Branchen
In der Industrie geht der Konjunkturklimaindikator um 18 Punkte im
Vergleich zum Frühsommer zurück. Er erreicht 96,3 Punkte. Zwar verfügen
56 Prozent der Unternehmen über eine Kapazitätsauslastung von mindestens
80 Prozent. Allerdings haben 43 Prozent weniger Aufträge als im
Vorjahr. Vor allem das Auslandsgeschäft hat sich abgeschwächt. Daher
verfügen lediglich 65 Prozent über einen zufriedenstellenden
Auftragsvorlauf. In der Industrie stehen daher neben Ersatzinvestitionen
vor allem kostensenkende Maßnahmen an. Die IHK Südthüringen empfiehlt
der Branche wegen des harten Wettbewerbs um gute Mitarbeiter, zunächst
Kurzarbeit zu erwägen, ehe die Trennung von Mitarbeitern vollzogen wird.
Im Handel gibt es derzeit zwei gegenläufige Entwicklungen.
Die Stimmung im Einzelhandel ist angesichts von Lohnsteigerungen auf
breiter Front und saisonaler Effekte vorsichtig optimistisch. Im
Großhandel führt die Abschwächung in der Industrie hingegen bereits
jetzt zu Umsatzeinbußen im Vergleich zum Vorjahr für 36 Prozent der
Unternehmen. Infolgedessen sinkt der Konjunkturklimaindikator um 4
Punkte auf 102,3 Punkte.
Das Baugewerbe gerät in Folge
zunehmender Stellenbesetzungsprobleme an seine Grenzen. Während sich die
Beurteilung der Lage noch einmal verbessert, schwächen sich die
Erwartungen ab. Der Konjunkturklimaindikator fällt um 7 Punkte auf 116,6
Punkte. In diesem Jahr konnten 22 Prozent der Unternehmen ihren
Auftragsbestand gegenüber dem Vorjahr steigern, für 62 Prozent ergab
sich keine Veränderung. 41 Prozent verfügen derzeit über einen
Auftragsvorlauf von vier Monaten und mehr, 45 Prozent sind für
mindestens drei Monate ausgelastet – Spitzenwerte angesichts der
jahreszeitbedingten Witterung.
Abschwächung in der Industrie
bedeutet weniger Transportbedarf für das Verkehrsgewerbe. Mehr als ein
Drittel der Speditionen und reinen Fuhrunternehmen melden Einbußen im
Beförderungsvolumen. Gleichwohl verfügen 86 Prozent der Unternehmen über
eine Auslastung von 70 Prozent, Das sind gute Werte. Allerdings sind
sie nicht auskömmlich. 29 Prozent der Unternehmen wollen Preiserhöhungen
vornehmen, um steigenden Kosten für Kraftstoffe und Personal etwas
entgegensetzen zu können. Der IHK-Konjunkturklimaindikator sinkt um 11
Punkte auf 96,7 Punkte.
Im Gastgewerbe hat sich die
Beurteilung der Geschäftslage verbessert. Die Wintersaison fällt
hingegen witterungsbedingt häufig schwächer aus. Der Städte- und
Wandertourismus funktionieren bei Sonnenschein besser als bei nasskaltem
Wetter. Die Wintersportorte locken viele Tagesgäste, die im Gastgewerbe
nur geringe Spuren hinterlassen. Der Konjunkturklimaindikator geht
daher saisonbedingt um 4 Punkte auf 120,2 Punkte zurück.
Die
unternehmensnahen Dienstleister passen ihre Erwartungen an die
Entwicklung in den anderen Branchen an. Nachdem 2019 bisher für die
Dienstleistungswirtschaft umsatz- und ertragsseitig hervorragend
gelaufen ist, erwartet jeder fünfte Betrieb mit gewerblichen Kunden in
den kommenden Monaten weniger Umsatz. Der Konjunkturklimaindikator
greift auch diese Erwartungen auf. Er fällt um 7 Punkte auf 115,2
Punkte.
Zur Information:
Die Auswertung der
IHK-Konjunkturumfrage erfolgt alternierend durch die drei Thüringer
IHKs. Die Umfrage zu Jahresbeginn wertet die IHK Ostthüringen zu Gera
aus, im Sommer besorgt die IHK Erfurt die Auswertung und gegen Ende des
Jahres veröffentlicht die IHK Südthüringen die Ergebnisse der
Herbst-Umfrage. Für die Auswertung wurden sämtliche Antworten, die
bereits in den drei beteiligten IHKs regional ausgewertet wurden, zu
einem gemeinsamen Datensatz zusammengefasst und erneut analysiert. Auf
diese Weise ergibt sich ein geschlossenes Bild für die Thüringer
Wirtschaft. Wesentliche Ergebnisse sind unter
https://www.suhl.ihk.de/unternehmen/standortpolitik/umfragen-und-statistiken/konjunktur abrufbar.
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