
Die
Corona-Krise geht in die nächste Phase. Die Wirtschaft beginnt – noch
immer von zahlreichen Vorschriften eingeschränkt – langsam wieder Fahrt
aufzunehmen. Doch die Spuren, die die vergangenen Wochen hinterlassen
haben, sind wie erwartet tief. Nur fünf Prozent der Berliner Unternehmen
sind bisher unbeschadet durch die Krise gekommen (s. Einzelergebnisse
im Anhang).. Angst vor Insolvenzen: Vollständig oder in großen Teilen
haben 48 Prozent der Betriebe die Geschäftstätigkeit einstellen müssen.
Immer noch fürchten 23 Prozent der Unternehmen, insolvent zu gehen: In
der Reisewirtschaft beträgt der Anteil 57 Prozent, im Gastgewerbe ist es
die Hälfte der Unternehmen, im Verkehr ein Drittel und bei den auf
Endkunden fokussierten Dienstleistungsbetrieben ein Fünftel. Am
wenigsten ist die Furcht in der Bauindustrie verbreitet, wo acht Prozent
betroffen sind.
Umsatzeinbrüche: Auch die Umsatzeinschätzungen der Wirtschaft bleiben
besorgniserregend. Gut 42 Prozent der Unternehmen fürchten, in diesem
Jahr mehr als die Hälfte des Umsatzes zu verlieren. Im Reisegewerbe
hegen sogar 93 Prozent diese Furcht, im Gastgewerbe sind es zwei
Drittel. Selbst im Baugewerbe und der Industrie rechnen jeweils 15
Prozent der Betriebe damit, die Hälfte des Jahresumsatzes einzubüßen.
Arbeitsmarkt: Unmittelbar schlägt sich die schlechte Lage in den
Personalplanungen nieder, die in 42 Prozent der Fälle Entlassungen
vorsehen. Immerhin wollen 54 Prozent der Unternehmen ihren
Personalbestand konstant halten.
Der lange Weg zurück
Für die Berliner Wirtschaft ist das zweite Quartal ein verlorenes –
nur zwölf Prozent der Betriebe arbeiten auf oder über dem Niveau vor der
Krise oder erwarten, dieses bis zum Juni wieder zu erreichen. Doch auch
vom dritten Quartal erwarten sich nur weitere 14 Prozent eine Rückkehr
zum Normalgeschäft; nochmals 15 Prozent rechnen damit erst im
Jahresendquartal. Ein weiteres Drittel der Befragten sieht Geschäfte auf
Vorkrisenniveau nicht vor 2021 als realistisch an. Bis dahin werden die
Unternehmen schwächere Umsätze verzeichnen; in den
Endverbraucherbranchen ist zuerst mit sinkenden Preisen und später mit
kräftezehrenden Neustrukturierungen zu rechnen.
Der Weg zurück zu einer hochleistungsfähigen Berliner Wirtschaft wird
lang und steinig werden und ist voller Ungewissheiten. Vor allem im
Gast- und Reisegewerbe ist ein Silberstreif am Horizont noch nicht zu
erkennen. Die Reiseveranstalter erwarten zu 41 Prozent erst im kommenden
Jahr einigermaßen normale Geschäfte. Und 26 Prozent rechnen überhaupt
nicht mehr damit, in die Vorkrisen-Normalität zurückzukehren. In keinem
anderen Gewerbe ist diese Sorge derart deutlich ausgeprägt. Für einige
Unternehmen wird es daher einen Weg zurück nicht geben, vielmehr müssen
sie neue Geschäftsmodelle und Kundengruppen ansteuern. Dazu bedürfen sie
zusätzlicher Ressourcen für Investitionen, Innovationen und
Experimente. Doch genau daran mangelt es im Augenblick.
Finanzierung sichern – Investitionen fördern
Die Krise setzt die Wirtschaft unter enormen Innovations- und
Investitionsdruck. Bisher erfolgreiche Geschäftsmodelle müssen an neue
Rahmenbedingungen angepasst werden oder werden verschwinden. Ein Drittel
der Unternehmen plant daher, das Geschäftsmodell anzupassen oder ganz
zu ändern. Ebenso groß ist der Anteil der Betriebe, die beabsichtigen in
Rationalisierungsmaßnahmen zu investieren bzw. die Digitalisierung
ihres Geschäftes voranzutreiben. Investitionen sind also auf breiter
Front geplant. Jedoch befinden sich viele Unternehmen in einer
Zwickmühle: Die Krise, der sie mit Investitionen begegnen wollen und
müssen, zehrt die dafür notwendigen finanziellen Mittel auf. Ein Drittel
der Betriebe meldet Liquiditätsengpässe, 15 Prozent berichten von
schlechteren Branchenratings, 14 Prozent erhalten keinen Kredit mehr. In
zwei von drei Unternehmen ist der Eigenkapitalbestand in den letzten
Wochen gesunken. Darunter leidet wiederum deren Kredibilität – gerade
jetzt, wo Investitionen für grundlegende Weichenstellung im
Geschäftsmodell und zur Digitalisierung von Nöten sind. So nimmt es
nicht Wunder, dass ein Drittel der Unternehmen davon ausgeht, die
Investitionsausgaben dieses Jahr kürzen zu müssen. Gestiegene
Investitionsbedarfe treffen auf gesunkene Investitionspotenziale.
IHK-Präsidentin Beatrice Kramm: „Die Berliner Wirtschaft liegt weiter
am Boden. Die Lockerungen der letzten Tage bieten nicht mehr als einen
kleinen Hoffnungsschimmer, zumal sich eine Reihe von Branchen weiterhin
im behördlich verordneten Lockdown befinden wie etwa die Reise – oder
Veranstaltungsbranche. Nur wenige Branchen kommen bislang weitgehend
unbeschadet durch die Krise. Mit Sorge beobachten wir jedoch, dass z.B.
die Baubranche sich zunehmend über schleppende Genehmigungsverfahren und
mangelnde Erreichbarkeit der Behörden beklagt. Eine effiziente,
kundenorientierte Verwaltung war nie wichtiger als jetzt.
Die Politik muss die Revitalisierung der Berliner Wirtschaft aktiv
unterstützen. Die Digitalisierung der Verwaltung ist dabei nicht nur
zwingend notwendig, um Berlin für künftige Krisen zu wappnen sondern
wäre auch ein wichtiger Wachstumsmotor und das richtige Instrument zur
Beschleunigung von Prozessen. Damit aus der Corona- keine
Investitionskrise wird, braucht die Berliner Wirtschaft an die neue
Situation angepasste Instrumente zur Investitions- und
Innovationsunterstützung. Staatliche Unterstützungsleistungen für
Investitionen in wichtige Zukunftsfelder wie beispielsweise
Digitalisierung und Klimaschutz müssen deshalb gestärkt werden.“
IHK Berlin | Fasanenstraße 85 | 10623 Berlin