03.02.2022 - Die Hoffnung, China würde sich mit internationalen Handelserfolgen auch politisch und wirtschaftlich der globalen Ordnung annähern, hat sich nicht erfüllt. Vielmehr haben protektionistische Maßnahmen aus Sicht der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. zugenommen. „Die Wettbewerbsbedingungen unserer Unternehmen in China sind weit entfernt von einem Level Playing Field. Trotz Reformen bleiben diese durch Chinas staatlich gelenkte Wirtschaft verzerrt. Das eingeführte Sozialkreditsystem ändert daran bislang nichts“, sagte vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt auf einem gemeinsamen Online-Kongress mit dem Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt). Auch im zweiten Jahr nach der landesweiten Einführung des Sozialkreditsystems besteht bei ausländischen Unternehmen Verunsicherung. Alle in China tätigen Unternehmen erhalten demnach ein Rating sowohl für Regelverstöße als auch für regeltreues Verhalten.
Bei positivem Score profitieren die Unternehmen zum Beispiel von Steuervergünstigungen. Bei negativem Score drohen Verlust oder Geldstrafen, bis hin zum Entzug von Geschäftslizenzen. „Fast ein Zehntel der in China aktiven bayerischen Unternehmen hat der heute vorgestellten Studie des bidt zufolge aufgrund eines Verstoßes Verwaltungsstrafen erhalten. Das betrachten wir mit Sorge, da die Kriterien teils unklar und von großen Unterschieden zwischen den Provinzen geprägt sind. Falsche Scores lassen sich zudem nur mit großem Aufwand ändern“, erklärt Brossardt und ergänzt: „Im Gegenzug kann das System auch zur Gleichbehandlung ausländischer und chinesischer Unternehmen sowie zur Korruptionsbekämpfung beitragen. Das bewerten wir positiv“.
Brossardt: „Sozialkreditsystem führt wegen unklarer Kriterien zu Verunsicherung“
„Mit unserer Studie zum chinesischen Sozialkreditsystem und dessen Einfluss auf bayerische Unternehmen geben wir einen Impuls für den Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Meines Wissens ist es die erste Erhebung dieser Art mit Fokus auf bayerische Unternehmen. Die Ergebnisse zeigen: Der Bedarf nach Aufklärung durch Forschung ist vorhanden – ebenso wie die Notwendigkeit eines starken Netzwerks in Bayern“, erläutert Dr. Christoph Egle, wissenschaftlicher Geschäftsführer am bidt.
China ist und bleibt ein wichtiger und dynamisch wachsender Absatz- und Beschaffungsmarkt. Bayern exportierte 2021 nach vorläufigen Schätzungen Waren im Wert von knapp 18 Mrd. Euro nach China. Das entspricht neun Prozent der Exporte. China ist damit der zweitgrößte Exportmarkt für Waren aus dem Freistaat. „Die Politik muss eine Balance zwischen Wettbewerb, systemischer Rivalität und Partnerschaft für die Beziehung mit China finden. Die Lösung kann nur lauten, die WTO zu stärken und für weltweit verlässliche Handelsgrundlagen einzutreten“, so Brossardt.
Link zu aktuellem Positionspapier: www.vbw-bayern.de/china
ibw – Informationszentrale der Bayerischen Wirtschaft e. V.
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